2.4 Wie Streaming begann
In den Anfangstagen des digitalen Films, als das Betriebssystem Windows von Microsoft noch nicht existierte, waren nur wenige Hochleistungscomputer fähig, die komplexen Kompressions- und Dekompressionsberechnungen, die für das Abspielen eines digitalen Films notwendig sind, nahezu in Echtzeit zu bewältigen.
Mit der Einführung von Windows etablierte Microsoft das AVI-Format, das auch als Video for Windows bekannt ist, als festen Bestandteil des Betriebssystems auf den Rechnern der meisten PCs, um Filme abzuspielen. Ein aktueller Rechner kann ohne größere Mühe einen AVI-Film bildschirmfüllend darstellen. Jedoch verursacht die enorme Größe dieser Videos bei einer Veröffentlichung im Internet Probleme. Die Datei muss auch erst am Stück komplett heruntergeladen werden, was durch die beschränkte Datenkapazität des Internets zu langen Wartezeiten und damit zu hohen Internetgebühren führt.
Ein kurzes Aussetzen in der Videoübertragung, das auch Ruckeln genannt wird, entsteht dann, wenn die Datenübertragung im PC zu langsam ist. Die Videodatei wird noch komprimiert, um bei der großen Datenmenge ein ruckelfreies Abspielen zu gewährleisten. Eine Software komprimiert das Video und senkt die Datenrate, um den Film flüssig am PC darzustellen. Beim Abspielen wird die Videodatei dann wieder dekomprimiert. Solch eine Softwarelösung nennt man Codec. Für das AVI-Format wird beispielsweise häufig der Codec „INTEL Indeo Video“ eingesetzt, der sowohl für Windows- als auch für Apple-Computer zur Verfügung steht.
Die Motion Picture Experts Group entwickelte Anfang der 1990er Jahre einen Codec, der bei großer Kompressionsrate eine gute Bildqualität erreicht. „Zu den Standardformaten gehören heute MPEG-1 und MPEG-2, die für digitale und breitbandige Fernsehübertragung oder CD-Rom-Anwendungen entwickelt wurden.“1 Die Endungen bei Videodateien für den PC sind meist MPG oder MPEG, können allerdings bei DVDs oder Video-CDs auch anders lauten.
Mit MPEG-1 erreicht man eine Auflösung von 352 x 288 Pixel und einer Datenrate von 1,2 bis 3 MBit/s bei 25 Frames, das heißt Bilder, pro Sekunde. Dieser Codec wird bei der Erstellung von Video-CDs eingesetzt. Die Qualität von Video-CDs ist zwar etwas schlechter als bei einem VHS-Video, ein Spielfilm passt dafür allerdings auf einen normalen CD-Rohling.2 MPEG-1 kann für Streaming verwendet werden.
Die Weiterentwicklung MPEG-2 erreicht eine bessere Auflösung und Bildqualität bei ebenfalls 25 Frames pro Sekunde. Dieser Codec ist Grundlage für S-Video-CDs mit einer Auflösung von 352 x 288 Pixel und 4 MBit/s Datenrate, was der Qualität eines S-VHS-Videos entspricht. Weiterhin wird er für DVDs verwendet, die eine Auflösung von 720 x 576 Pixel mit bis zu 15 MBit/s Datenrate haben.3 Um ein flüssiges Abspielen solch eines Videos am PC zu gewährleisten, benötigt man schon einen PC mit 500 MHz, um die anfallende Dekompression in Echtzeit zu berechnen.
„[MPEG-3]… ist eine Erweiterung von MPEG-2, der einmal für den Einsatz von High Definition TV (HDTV) vorgesehen war. Mittlerweile ist dieser Codec in dem MPEG-2-Standard mit integriert. MPEG-3 ist nicht mit MPEG-1 Layer 3, dem MP3-Audiocodec, zu verwechseln!“4
„MPEG-4, eine Neuentwicklung, erobert gerade die niederbandigen Übertragungswege des Internets. Dieses Format kann Bitraten von unter 64 Kbit/s erzeugen. So könnte selbst für Modem-Nutzer ein annehmbarer Empfang gewährleistet werden.“5 Dieser Codec, der im Januar 1999 veröffentlicht wurde, erlaubt eine sehr starke Kompression der Datenmenge, ohne die Bildqualität zu sehr zu beeinträchtigen. So kann man einen Spielfilm auf einen CD Rohling überspielen. Das weit verbreitete DivX stützt sich auf die Technik von MPEG-4. Das Betrachten von DivX Filmen via Streaming wird bis jetzt nur von der noch wenig verbreiteten Software VLC Media Player des VideoLAN Projekts unterstützt. Man muss sich den Film erst komplett auf die Festplatte herunterladen, um ihn dann betrachten zu können. QuickTime von Apple hingegen nutzt die MPEG-4 Technik zur Erstellung von Streaming Videos. Die Codecs der anderen Streaming Formate arbeiten mit Kompressionsverfahren, die denen von MPEG-4 ähnlich sind.
Da bei reinen Audiodateien in der Regel weit weniger Daten anfallen als bei einem Videofilm, kann man schon mit einer relativ geringen Kompression für das Internet akzeptable Übertragungsraten erzielen. Bei den Audioformaten haben sich MPEG-1 Layer 3, der MP3-Audiocodec, Realaudio sowie Windows Media Audio (WMA) für das Streaming etabliert.
1995 erschien das Softwaresystem Stream Works von Xing Technology, mit dessen Hilfe erstmals Streaming im Internet möglich wurde. Das System konnte Audio und Video Streaming bereitstellen. 1999 wurde Xing Technology von RealNetworks übernommen.6
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die zurzeit gebräuchlichsten Dateiformate, die für Streaming verwendet werden.
Dateiendung |
Streaming Software |
Übertragener Inhalt |
.flv |
Macromedia Flash |
Macromedia Flash Videodaten |
.mov |
QuickTime Media |
Audio- und Videodaten |
.mp3 |
MP3 Audio |
Audiodaten |
.rm |
RealAudio und RealVideo |
Audio- und Videodaten |
.smi |
SMIL (Synchronized Multimedia Integration Language) |
eine neue Markup Sprache für zeitsynchronisierte multimediale Inhalte |
.wma |
Windows Media Audio |
Audiodaten |
.wmv |
Windows Media Video |
Videodaten |
Abbildung 1 - Die gebräuchlichsten Streaming Media Dateien
1: http://www.devis.de/deutsch/techniken/streaming_media/streaming_media_more.htm
2: vgl. Walter: Digitale Videobearbeitung, S. 210
3: vgl. Walter: Digitale Videobearbeitung, S. 211
4: Ebenda
5: http://www.devis.de/deutsch/techniken/streaming_media/streaming_media_more.htm
6: vgl. http://web.ptc.org/library/proceedings/ptc2000/sessions/monday/m35/m352/